Bernd Blindow und Andreas Blindow

Bernd Blindow, geb. 1944, Dipl. Chemiker, Schulgründer, Geschäftsführer von 1972 – 2016, verheiratet seit 1970, 3 Kinder

Prof. Dr. Andreas Blindow, geb. 1971, Dipl. Wirtschaftsingenieur, 1998-2011 Schulleiter und Lehrer am Standort Friedrichshafen, seit 2009 Geschäftsführer, verheiratet seit 2004, 4 Kinder

BERND BLINDOW UND ANDREAS BLINDOW –
VATER UND SOHN IM INTERVIEW

Andreas Blindow: Erst kurz vor Ostern. Es ging um die Übernahme einer Schule. Der Vertrag ist inzwischen unterschrieben. In solchen Dingen ist mein Vater sehr erfahren, schließlich hat er seit 1972 einige Schulen erfolgreich aufgebaut, manche wieder verkauft.

Bernd Blindow: Nicht so häufig. Er hat ja inzwischen selbst viel Erfahrung gesammelt, trägt seit über 20 Jahren im Unternehmen Verantwortung.
Bernd Blindow: Ich muss ehrlich sagen: Darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht, weil nach der Übergabe an meinen Sohn alles so ausgesprochen gut und reibungslos funktioniert hat. 2016 bin ich aus der Leitung komplett ausgestiegen, habe auch die Gesellschafteranteile übertragen.

Andreas Blindow (lacht): Nachdem du mir zwar schon 2009 die Geschäftsführung übertragen hast, aber als weisungsbefugter Generalbevollmächtigter im Hintergrund noch ein bisschen weiter die Fäden gezogen hast.

Andreas Blindow: Er hat nicht nur eine ausgesprochen gute Menschenkenntnis, sondern ist mir auch mit seiner kaufmännischen Spürnase und Risikofreude etwas voraus. Entscheidungen, für die ich mehr Zeit brauche, hat er immer schnell getroffen.

Bernd Blindow: Manches davon allerdings auch sehr schnell. Ich finde es sehr gut, dass mein Sohn manchmal etwas länger abwägt. Das Unternehmen hat sich dadurch gerade im Hochschulbereich in den vergangenen Jahren mit neuen Studiengängen sehr toll entwickelt.

Bernd Blindow: Ich hatte immer sehr gute, enge Mitarbeiter* innen, mit denen ich wichtige Entscheidungen besprechen konnte. Eigentlich fällt mir da nur der Verkauf einer schönen Schulimmobilie in Hannover ein. Das Gebäude hätte ich besser behalten sollen.
Andreas Blindow: Der Einstieg hier war für mich eigentlich immer abgemachte Sache. Mein Vater hat mich sehr früh eingebunden, teilweise sogar zu wichtigen Gesprächen in Ministerien mitgenommen. Schon mit 14 durfte ich erstmals selbst Unterricht geben. Damals kamen gerade Computer auf, für die ich mich sehr begeistert habe. Meine Aufgabe war es, mein Wissen an eine Physiotherapeuten- Klasse weiterzugeben. Auch in Berlin war ich später als jugendlicher Dozent unterwegs – dort hatte uns das Arbeitsamt große Gruppen von Berufsschülern aus der ehemaligen DDR vermittelt. Aber um auf Ihre Ausgangsfrage zurückzukommen: Natürlich hat es auch Situationen gegeben, wo ich mich gefragt habe, ob ich das wirklich schaffe. Nicht zuletzt, weil die Leitung einer Schulgruppe dieser Größe doch mit einigen Belastungen verbunden ist.
Andreas Blindow: Nein. Mein Vater war immer sehr tolerant und hat mir viele Freiräume gelassen. Er hat nie über Fehler geschimpft, sondern immer dabei geholfen, Dinge wieder gerade zu biegen. Ich habe einen großen Vertrauensvorschuss bekommen – und das versuche ich jetzt im Unternehmen mit meinen Mitarbeitern genauso umzusetzen.
Bernd Blindow: Ja, bei mir war es aber etwas anders. Mein Vater hat unternehmerisch spät angefangen, mochte deshalb noch nicht loslassen, als ich beruflich in den Startlöchern stand. Außerdem war die Nachfolge nicht so eindeutig, weil noch weitere Geschwister da waren, die ebenso infrage kamen. Deshalb habe ich kurzerhand eigene Schulen gegründet. Geholfen hat mir dabei, dass auch ich schon als Jugendlicher viel vom Betrieb mitbekommen und gelernt habe.
Bernd Blindow: In den 1970er Jahren war es genauso schwierig wie heute, gutes Personal zu finden. Auf der Suche nach meinem ersten Schulleiter habe ich in einer Anzeige plakativ mit dem Zusatz „viel Ferien“ geworben – und hatte damit tatsächlich Erfolg: Es meldete sich ein Kaufmann, der schon über 50 und sehr erfahren war. Doch dann gab es mit der Finanzierung der noch jungen Schule Probleme, weil das Arbeitsamt keine Zuschüsse mehr zahlen wollte. Um mich von dem älteren Herrn nicht gleich wieder trennen zu müssen, habe ich neue Ausbildungen im Gesundheitsbereich organisiert.
Bernd Blindow: Ja, wir haben noch viele Jahre gemeinsam gearbeitet. Er ist dann auch bis zur Rente bei mir geblieben.
Andreas Blindow: Es gab da einen kuriosen Fall in meinen Anfangstagen Ende der 1990er Jahre. Ich habe damals an unserem Standort am Bodensee händeringend nach einem Arzt gesucht, der unsere Physiotherapeuten aufs nahende Examen vorbereiten sollte. Es fand sich schließlich ein Mediziner kroatischer Herkunft. Ich habe ihn ermutigt, möglichst praxisnah zu unterrichten. Gleich in seiner ersten Woche standen plötzlich aufgeregt die beiden Klassensprecher vor meiner Tür: „Herr Blindow, Sie müssen sofort kommen!“ Ich lief ins Klassenzimmer, wo unser Arzt gerade dabei war, eine Schülerin zu operieren. Alle standen um einen Schultisch herum, auf dem die junge Frau bäuchlings nackt auf einem OP-Tuch lag. Oben auf ihrem Rücken ein Fetzen Haut. Er hatte ihr ein großes Muttermal entfernt. Ich lobte ihn für den praxisnahen Unterricht, bat ihn, die Wunde sofort wieder zuzunähen und danach in mein Büro zu kommen. Das war dann auch sein letzter Tag bei uns. Die Suche nach einem Dozenten ging von vorn los. Vielleicht nicht die größte Herausforderung, aber doch eine, an die ich mich sehr gut erinnern kann und die aufgrund des Fachkräftemangels auch weiter aktuell ist.
Bernd Blindow: In der Anfangszeit ging es darum, neben den staatlichen Angeboten neue Ausbildungsberufe zu etablieren. Zunächst lag der Schwerpunkt im medizinischen Bereich, wo sich bis dahin fast alles nur in den Krankenhäusern abspielte. Als ich die erste Schule für Medizinisch- Technische Assistenten im Palais gegründet habe, hatte ich mit erheblichen Widerständen zu kämpfen. Später haben wir uns vermehrt von der Frage leiten lassen: Was braucht die Wirtschaft? So haben wir beispielsweise die Ausbildung zum Umweltschutztechniker in Niedersachsen neu konzipiert.

Andreas Blindow: In meiner Zeit hat sich die Entwicklung stärker in den Hochschulbereich verlagert. Früher gab es eine Handvoll Studiengänge wie Jura, BWL oder Medizin – heute gibt es etwa 300 verschiedene Studienbezeichnungen. Hier als private Hochschule neue Nischen zu finden, die auch vom Markt angenommen werden – das ist die große Herausforderung. Gestartet sind wir an der DIPLOMA mit vier Studiengängen und 3000 Studierenden, heute sind es über 8000 in 35 Fachrichtungen. Das macht die Arbeit für uns kleinteiliger und komplexer. Gleichzeitig ist der schulische Bereich deutlich bürokratischer und regulierter geworden.

Andreas Blindow: Wir wollen weiter wachsen. Mit den bestehenden Angeboten ist der Bildungsmarkt ziemlich ausgeschöpft. Deshalb schauen wir genau, wo wir welche neuen Bildungsangebote schaffen können. Im Hochschulbereich prüfen wir ständig, welche zusätzlichen Studiengänge wir bundesweit oder auch international ins Portfolio aufnehmen können. Das sind beispielsweise so innovative Dinge wie Dentalhygiene oder Games-Design.
Andreas Blindow: Der Jüngste ist 6, der Älteste 16. Im Moment ist das also noch ein bisschen früh. Es ist natürlich mein Wunsch und meine Hoffnung, dass einer oder sogar alle gemeinsam das Unternehmen fortführen. Aber das hat noch etwas Zeit und ich will gern selbst noch etwas weitermachen…